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Welche Erkenntnisse liefert die NEPS-Studie?

Familiengründung und Karriereentwicklung von Müttern – gibt es den perfekten Plan?

08.11.2016

Ob Frauen nach der Geburt zweier Kinder in gleichem Maße an ihre Karriere anschließen können, hängt auch davon ab, wie lange Mütter pausieren und wie sie die Zeit zwischen den Geburten verbringen: mit der Betreuung ihres Kindes zu Hause, in einer Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigung? Je nach Bildungsabschluss der Frauen hat die Entscheidung unterschiedliche Auswirkungen auf die Karriere.

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Bei Müttern mit höheren Bildungsabschlüssen erweist sich ein kurzer Abstand zwischen den beiden Kindern als die günstigste Variante hinsichtlich der Karriereentwicklung. Bei Frauen mit geringerer Bildung hingegen hat der Abstand zwischen zwei Geburten einen geringen Einfluss auf die zukünftige Karriere, außer sie entscheiden sich nach der Geburt ihres ersten Kindes für eine schnelle Rückkehr in Teilzeiterwerb.

Deutschland ist bekannt dafür, dass sich vor allem Frauen für die Betreuung ihrer Kinder beruflich eine Auszeit nehmen (gesetzlich möglich sind bis zu drei Jahre Elternzeit pro Kind). Insbesondere in Westdeutschland, wo sich über Jahrzehnte ein eher konservatives Verständnis von Beruf und Familie gehalten hat, weisen die beruflichen Karrieren von Frauen Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit und meist Beschäftigungen in Teilzeit nach Familiengründung auf. Die bisherige Forschung hat bereits angedeutet, dass es hilfreich ist, wenn Frauen den Zeitpunkt für das erste Kind etwas hinauszögern, um sich vorab fest auf dem Arbeitsmarkt etablieren zu können. Nicht umfassend erforscht ist allerdings die Frage, wie sich der zeitliche Abstand zwischen dem ersten und dem zweiten Kind auf die Karriereentwicklung der Mütter auswirkt: Ist es sinnvoller, wenn Frauen ihre Kinder kurz hintereinander bekommen oder sollten sie einen größeren Abstand planen, um zwischen den Kindern für eine längere Zeit in den Beruf zurückkehren zu können?

Uta Brehm und Prof. Dr. Sandra Buchholz, Wissenschaftlerinnen der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, haben die Karriereentwicklungen von Müttern zweier Kinder anhand folgender Forschungsfragen genauer in den Blick genommen:

•    Wie entwickeln sich Karrieren von Müttern vor und nach der Familiengründung?
•    Inwiefern beeinflusst der Zeitpunkt der Geburt des ersten Kindes die weitere Karriereentwicklung der Mütter?
•    Welchen Einfluss hat der Abstand zur Geburt des zweiten Kindes auf die weitere Karriereentwicklung der Mütter?

Bei der Beantwortung der Forschungsfragen wurde zudem der unterschiedliche Bildungsgrad der Mütter berücksichtigt.

Zur Untersuchung der Forschungsfragen wurden Daten der NEPS-Erwachsenenstudie herangezogen. Insgesamt wurden 570 Mütter zweier (leiblicher) Kinder (Mütter von Zwillingen ausgeschlossen) aus Westdeutschland der Geburtenjahrgänge 1944 bis 1966 anhand von Telefon- oder persönlichen Interviews zur Handhabung von Beruf und Familie befragt. Die Karriereentwicklung wurde dabei über eine sogenannte standardisierte Prestige-Skala1  zum sozialen Ansehen von Berufen erfasst. Um die Karriereentwicklung bzw. die Entwicklung des beruflichen Prestiges dieser Mütter beobachten zu können, wurde das berufliche Prestige an drei Zeitpunkten im Berufsleben gemessen: das Berufsprestige zum Berufseinstieg, ein Jahr vor Geburt des ersten Kindes und im Alter von 45 Jahren.


Seltener Karrierebruch bei hoch qualifizierten Müttern

Bezüglich der Karriereentwicklung von Müttern vor und nach der Familiengründung lässt sich festhalten, dass die Zeit nach Familiengründung unerwartet relevant für das berufliche Prestige ist: Eine Investition in berufliches Prestige vor Familiengründung ist kein Garant für eine stabile Karriere nach dem Wiedereinstieg. Diese Tatsache gilt insbesondere für Frauen, die maximal einen berufsqualifizierenden Abschluss haben. Hoch qualifizierte Frauen hingegen haben mehr Möglichkeiten, Prestige vor einer Familiengründung anzuhäufen und profitieren davon nach dem Wiedereinstieg, d. h. sie können ihr Prestige zumindest überwiegend aufrechterhalten.

Schaut man sich den Zeitpunkt der Geburt des ersten Kindes und den Abstand zum zweiten Kind genauer an, lässt sich Folgendes feststellen: Zum einen schaffen es hoch qualifizierte Frauen, den Zeitpunkt der Geburt des ersten Kindes so zu planen, dass es günstig für ihre weitere Karriereentwicklung ist. Zum anderen erweist sich für diese Mütter ein kurzer Abstand zwischen den beiden Kindern als die günstigste Variante hinsichtlich der Karriereentwicklung. Ist die Babypause relativ kurz, können sie auch nach der Phase der Familiengründung noch an Prestige gewinnen.

Bei Frauen mit geringerer Bildung hingegen hat der Abstand zwischen zwei Geburten einen geringen Einfluss auf die zukünftige Karriere. Wichtiger hingegen scheint die Frage zu sein, wie Mütter die Zeit zwischen den beiden Geburten verbringen: mit der Betreuung ihres Kindes zu Hause, in einer Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigung? Als nachteilig wirkt sich eine schnelle Rückkehr in Teilzeiterwerb nach der Geburt des ersten Kindes aus. Ein Wiedereinstieg in Vollzeitbeschäftigung zahlt sich nur aus, wenn die Geburt des zweiten Kindes um einige Jahre nach hinten verschoben wird. Unabhängig davon, welchen Abstand diese Frauen zwischen den beiden Kindern wählen oder wie sie diese Zeit überbrücken, ihr erwartbares berufliches Prestige nach Familiengründung ist geringer als zuvor.

Die Ergebnisse geben einen Einblick in Karrierechancen von Müttern zweier Kinder und zeigen auf, dass Karriereentwicklungen von Müttern je nach Bildungsabschluss und nach Art der Überbrückung der Zeit zwischen den beiden Kindern sehr unterschiedlich verlaufen können. Welche Auswirkungen die Phase nach dem zweiten Kind langfristig auf die Karriereentwicklung nimmt, also über das 45ste Lebensjahr hinaus (max. Alter in der Untersuchung der beiden Wissenschaftlerinnen), ist nach wie vor eine spannende Frage, die es zu erforschen gilt.


1 Eine Angestellten-Position weist beispielsweise auf der Prestige-Skala ein niedrigeres Prestige auf als eine leitende Position. Wechselt eine Person von einer Angestellten- in eine leitende Position, spricht man von einem Prestigeanstieg bzw. einer positiven Karriereentwicklung.

Originalliteratur

Brehm, U. & Buchholz, S. (2014). Is there a wrong time for a right decision? The impact of the timing of first births and the spacing of second births on women's careers. Zeitschrift für Familienforschung, 26(3), 269–301.

Zitierhinweis

Leibniz-Institut für Bildungsverläufe e.V. (2016, November): Familiengründung und Karriereentwicklung von Müttern - gibt es den perfekten Plan? (NEPS Ergebnisse). Bamberg, Deutschland.