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Welche Erkenntnisse liefert die NEPS-Studie?

Inklusion in der Schule. Klassenlehrkräfte verschiedener Schultypen sehen unterschiedliche Hürden

23.02.2016

Allgemein stehen Lehrkräfte der schulischen Inklusion eher skeptisch gegenüber und sehen aktuell die Förderschule als den besseren Förderort für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf an. Förderschullehrkräfte trauen sich prinzipiell aber einen gemeinsamen Unterricht zu.

©panthermedia / pressmaster

Die schulische Inklusion von Kindern mit und ohne Behinderung ist in einigen Ländern bereits umgesetzt. Auch in Deutschland wird der sogenannte „inklusive Unterricht“ derzeit stark ausgebaut. Beim inklusiven Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf liegt die Herausforderung insbesondere darin, der Vielfalt unterschiedlicher Lern- und Leistungsvoraussetzung im Klassenverband gerecht zu werden. Ausschlaggebend für eine gelungene Umsetzung eines gemeinsamen Unterrichts ist laut bisherigen Forschungen insbesondere die positive Einstellung zur Inklusion bei den beteiligten Lehrkräften. Ganz allgemein gilt auch eine hohe „Selbstwirksamkeit“1 bei Lehrkräften als wichtige Voraussetzung für ein erfolgreiches Handeln im Unterricht.

Markus Gebhardt, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität München, Susanne Schwab, Wissenschaftlerin an der Universität Bielefeld, Lena Nusser, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Leibniz-Institut für Bildungsverläufe e.V., und Marco Hessels, Wissenschaftler an der Universität Genf, haben die Einstellungen sowie die Selbstwirksamkeit zum Thema Inklusion bei Lehrkräften unterschiedlicher Schultypen in Deutschland genauer in den Blick genommen. Die zugrundeliegenden Daten stammen aus der NEPS-Studie „Schule, Ausbildung und Beruf“ (Klasse 5) und wurden im Schuljahr 2011/12 erhoben. An der Befragung nahmen insgesamt 130 Lehrkräfte der sechsten Jahrgangsstufe teil. Für die Analysen unterschieden die Forschenden zwischen drei Gruppen: In Gruppe 1 wurden Lehrerinnen und Lehrer aus Grund-, Haupt-, Gesamtschulen und Schulen mit mehreren Bildungsgängen zusammengefasst; Gruppe 2 umfasst Lehrkräfte aus Realschulen und Gymnasien; Gruppe 3 bilden Lehrkräfte an Förderschulen.

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass im Allgemeinen Lehrkräfte der schulischen Inklusion eher skeptisch gegenüberstehen. Zwar geben Regelschullehrkräfte (Gruppe 1 und 2) an, eine eher positive Einstellung zur Inklusion zu haben. Ihre „Selbstwirksamkeit“, also die Überzeugung, die mit Inklusion einhergehenden Aufgaben bewältigen zu können, schätzen sie jedoch eher gering ein und halten Förderschulen für die besseren Förderorte für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Förderschullehrkräfte hingegen trauen sich die Umsetzung eines gemeinsamen Unterrichts eher zu. Aber auch sie haben Bedenken gegenüber der schulischen Inklusion und vertreten die Meinung, dass Förderschulen die besseren Förderorte wären. Eine mögliche Begründung hierfür könnte sein, dass Förderschullehrkräfte eher bezweifeln, dass ein gemeinsamer Unterricht die Förderung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Förderschulen wirklich ersetzen kann.

Was bedeutet dies nun für die Praxis? Möchte man die schulische Inklusion gewinnbringend für alle Beteiligten umsetzen, wäre es einerseits von Bedeutung, Regelschullehrkräfte fortzubilden und bereits in der Lehramtsausbildung das Thema Inklusion gezielt zu behandeln. Auf diese Weise könnte die „Selbstwirksamkeit“ der Lehrkräfte bzgl. Inklusion gestärkt werden. Andererseits wäre es für einen gemeinsamen Unterricht wichtig, genügend Ressourcen für eine adäquate individuelle Förderung benachteiligter Kinder bereitzustellen. Auch sollten Förderschullehrkräfte vollwertig in den Klassenkontext und den Unterricht eingebunden werden.
 

1 Unter Selbstwirksamkeit versteht man die Überzeugung einer Person, basierend auf einem starken Vertrauen in die eigenen Kompetenzen bestimmte Aufgaben bewältigen zu können.

Originalliteratur

Gebhardt, M., Schwab, S., Nusser, L. & Hessels, M. G. P. (2015). Einstellungen und Selbstwirksamkeit von Lehrerinnen und Lehrern zur schulischen Inklusion in Deutschland: Eine Analyse mit Daten des Nationalen Bildungspanels Deutschlands (NEPS). Empirische Pädagogik, 29(2), 211–229.

Zitierhinweis

Leibniz-Institut für Bildungsverläufe e.V. (2016, Februar): Inklusion in der Schule. Klassenlehrkräfte verschiedener Schultypen sehen unterschiedliche Hürden (NEPS Ergebnisse). Bamberg, Deutschland.