Nationaler Bildungsbericht 2022: Unterbrochene Bildungsbiografien bei Menschen mit Migrationshintergrund besonders häufig
Der Bericht macht große Unterschiede in Bildungs- und Erwerbsbiografien deutlich.
Bildungsbiografien gestalten sich zunehmend vielfältig. Menschen mit Migrationshintergrund, darunter auch Zugewanderte, sind in Deutschland besonders stark von Unterbrechungen ihrer Bildungsbiografien betroffen – dies zeigt der jetzt vorgelegte 9. Nationale Bildungsbericht anhand von Daten der NEPS-Studie. Erfreuliche Nachrichten enthält der Bildungsbericht für Kinder, die im Kindergartenalter im Wortschatz und bei Mathematikkompetenzen noch zurückliegen: Im Laufe der Kindergarten- und Grundschulzeit weisen etwa drei Viertel in mindestens einem Kompetenzbereich hohe Zuwächse auf, mehr als ein Drittel sogar in beiden Bereichen. Und: Mädchen holen in dieser Zeit Rückstände besonders stark auf.
Bildungsverläufe und -übergänge in Deutschland stellen sich immer öfter vielfältig dar. Von unterbrochenen Verläufen nach Verlassen der Schule sind Menschen mit Migrationshintergrund dabei besonders betroffen. So haben 9 % von ihnen nach einem nicht-gymnasialen Schulbesuch zum Beispiel keine Arbeitsstelle oder brechen ihre Ausbildung ab (bei Menschen ohne Migrationshintergrund sind es 5,5 %). Aber die Revision von Bildungsentscheidungen und das Nachholen von schulischen und beruflichen Abschlüssen kommen auch in anderen Bevölkerungsgruppen häufig vor. „Lebenspfade sind heute sehr ausdifferenziert. Bildungspolitisches Handeln und entsprechende Programme sollten sich daher auch nicht mehr ausschließlich an einer ‚Normalerwerbsbiografie‘ orientieren,“ sagt Prof. Dr. Cordula Artelt, Direktorin des Leibniz-Instituts für Bildungsverläufe (LIfBi) und Mitautorin des Nationalen Bildungsberichts.
Grundschulzeit hilft, Kompetenzen aufzuholen
Gute Nachrichten gibt es bei den Bildungsfortschritten in der Vor- und Grundschulzeit: So haben 76 % der Kinder, die im 2. bzw. 3. Kindergartenjahr noch ein niedriges Kompetenzprofil in Mathematik und im Wortschatz haben, vom Kindergarten bis zum Ende der Grundschule in mindestens einem Kompetenzbereich hohe Zuwächse, 36 % sogar in beiden. Während der Schulzeit lässt sich insbesondere in den vier Grundschuljahren der größte Zuwachs mathematischer Kompetenzen beobachten. Zudem holen Mädchen in dieser Zeit Rückstände bei den mathematischen Kompetenzen besonders stark auf und ziehen am Ende der Grundschulzeit mit den Jungen gleich.
NEPS-Daten für die nationale Bildungsberichterstattung
Die Erkenntnisse zu den genannten und weiteren Themen hat das LIfBi für das Kapitel „Bildungsverläufe, Kompetenzentwicklung und Erträge“ des diesjährigen Nationalen Bildungsberichts zusammengetragen. Es gibt einen Überblick über langfristige Bildungsbiografien von Menschen in Deutschland und fokussiert dabei auf unterschiedliche Bildungsbedingungen, -voraussetzungen und -erträge. „Der Nationale Bildungsbericht ist ein bedeutsames Instrument zum Monitoring von Entwicklungslinien für Bildungspolitik, Bildungsverwaltung und die Praxis“, so Artelt. Die Basis des Berichts bilden unter anderem Daten der NEPS-Studie, der größten sozialwissenschaftlichen Langzeitstudie zu Bildungsbiografien in Deutschland, welche am LIfBi verantwortet wird.
Mehr zum Nationalen Bildungsbericht gibt es hier.